Die gußeiserne Cigarre mit dem Männchen im römischen Triumphatormantel steht wieder mitten auf dem für sie be-
stimmten Platze, und jener Mann, der an derselben rüttelte,
liegt unter der kühlen Erde eines poetischen schweizer Fried-
hofes am Leman-See. Wie der Maler Courbet, der oft ge-
nannte Vertreter der äußersten Linken in der realistischen
Kunstrichtung, dazu kam, gegen die Säule einen solchen
Haß zu fassen, ist vom doppelten Standpunkt, vom politi-
schen wie vom künstlerischen, erklärlich. Politisch wurde
Courbet durch die Lobeserhebungen, welche seine Weige-
rung, das Kreuz der Ehrenlegion anzunehmen (1870), her-
vorrief, berauscht und fühlte sich berufen, seinen Republika-
nismus durch eine Thatsache zu bekräftigen. Aesthetisch
machte ihn die unliebsame Säule nervös dadurch, daß er
sie beständig vor Augen hatte, denn nach dem 4. Septem-
ber 1870 wurde Courbet mit der Oberaufsicht der Museen
betraut und thronte in dem reichgeschmückten Cabinet im
Louvre-Palais.
Trat er nun nach beendigter Arbeit oder nach einer erhitzten
ästhetischen Debatte an’s Fenster seines Cabinets, so traf
sein Blick die Vendôme-Säule, jene im Jahre 1807 zur Ver-
herrlichung der Thaten der „großen Armee“ errichtete bronze-
ne Cigarre, die sehr ungraziös den circusförmigen Vendôme-
Platz verunstaltete. Sowohl das unästhetische Denkmal, wie
das Standbild Napoleon’s des Ersten machten den Künstler
Tag für Tag nervöser; er wurde als Nachbar der persönliche
Feind der Vendôme-Säule. Sein Unmuth äußerte sich bereits
am 14. September in einem Briefe an die Nationalregierung,
in dem er sich anheischig machte, die betreffende Säule zu
stürzen. Die Nationalregierung ließ diesen Antrag ohne allen
Bescheid, aber in den Augen der gegen den Bonapartismus
aufgebrachten Menge stieg noch die Popularität Courbet’s.
So nachzulesen in Paul d’Abrests Artikel „Courbet und die Ven-
dôme-Säule“ für Die Gartenlaube, Heft 9, S. 148-150 (1878).