Donnerstag, 19. März 2015

Gente mochte Carpaccio


















Kürzlich tauchte im Merkur-Blog ein Post Hannes Böhrin-
gers auf: Deine Listen, lieber Peter (23. Februar 2015).
Es besteht aus drei Teilen: einer kurzen Einführung, die
erklärt, wer Peter Gente war (nämlich Merveverleger)
und dass er am 8. Februar 2014 — also gut ein Jahr zu-
vor — in Chiang Mai gestorben sei. Es folgt die Leichen-
rede, die Böhringer auf der Trauerfeier in der Kapelle
eines der schönsten Friedhöfe Berlins gehalten hat. Ihr
folgen zehn Listen. Laut Böhringer schickte Gente „2011
[…] der Künstlerin Eva-Maria Schön ‚10 mal 10 Listen‘,
genauer gesagt elf Zehnerlisten, die hier veröffentlicht
werden.“

10 Filme, 10 Filmregisseure, 10 Denker, 10 Musiker, 10
Popmusik-Titel, 10 Schriftsteller, 10 Maler, 10 Theater-
stücke, 10 Bücher, 10 Konzerte und 10 Reisen mit Heidi.
Für denjenigen, der Gente ein wenig kannte, hielten die
Listen kaum Überraschungen bereit. Allerdings stolperte
man über den einzigen „editorischen“ Eingriff. Er findet
sich in der Liste der Maler: „Twombly; Ruscha; Böcklin;
David; Kiefer; J. Johns; G. Richter; Bruce Nauman und
 Carpaccio [vermutlich mit Caravaggio verwechselt]“.

Was spricht gegen Vittore Carpaccio, den großartigen ve-
nezianischen Maler, dem zu Ehren nicht nur Giuseppe Ci-
priani, Inhaber der legendären Harry's Bar, in den 50er
Jahren des letzten Jahrhunderts eine Vorspeise kreierte,
die auf der Karte jedes „besseren“ italienischen Restau-
rants steht, sondern auch Michel Serres ein Buch schrieb.
Ulrich Raulffs Übersetzung dieses Buches steht in Schöne-
berg noch im Regal. Auf dem Vorsatztitel fein säuberlich
notiert: „Peter Gente, Sept. 81“ — da war das in der von
Jürgen Manthey herausgegebenen Rowohlt-Reihe das neue
buch erschienene Paperback noch druckfrisch. Als Zugabe
liegen in Gentes Exemplar eine Postkarte der Gemäldega-
lerie der staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, auf
der Carpaccios Grablegung Christi zu sehen ist, der Aus-
schnitt eines Zeitungsartikels vom 9.9.92, der von einer
spektakulären Entdeckung in der Carpaccio-Forschung be-
richtet, und zwei Eintrittskarten für die Scuola Dalmata
delli Santi Giorgio e Triffon (die die weit auseinanderlie-
genden Nummern 0543 und 25599 tragen).