Montag, 10. September 2012

Totenhütte, Sonnenschutz


















Heute vor exakt zehn Jahren, einen Tag, bevor sich die Zer-
störung des WTC erstmals jährte, war Heidi Paris in tiefen
Schlaf gefallen. Als man sie fand, atmete sie unüberhörbar
in unheilverheißender Regelmäßigkeit. Wecken ließ sie sich
nicht. Der das Sanitäterteam begleitende Notarzt bestätigte
die während des Wartens aufkeimenden Befürchtungen. Sei-
ne Diagnose – selbstredend unter Vorbehalt – lautete irrever-
sibles Koma... Hirntod. Sollte sie, wider Erwarten, aus die-
sem dennoch erwachen, wäre sie, da dürfe man sich keine
Illusionen machen, nicht mehr dieselbe.

„Und so kamen kurz darauf die Freunde, Hannes Böhringer
hat es beschrieben, an ihr Krankenbett, sie hatte es also ge-
macht, es war so gelaufen, dass sie nicht sofort ganz tot ge-
wesen war, sie lebte noch, bewusstlos, der Körper lebte noch,
gab uns so Gelegenheit, von ihr, die schon mal vorgegangen
war zu den Toten, Abschied noch nehmen zu können.“ So be-
schreibt es Rainald Goetz in loslabern. Heidis Krankenbett
stand in der Intensivstation des Urbankrankenhauses, wo sie
am 15. September für tot erklärt wurde. Am 4. Oktober fand
im Krematorium Wilmersdorf die Trauerfeier statt.

  
















Bestattet wurde Heidi Paris am Nordhang des Teltowplateaus,
das zwischen Monumenten- und Großgörschenstraße sanft zum
Berliner Urstromtal abfällt. Um zu ihrem Grab in der Abteilung
SU des Alten St.-Matthäus-Kirchhofs zu gelangen, steigt man
den Hang hoch, vorbei an einem riesigen Steinkreuz, das aus
dem Gräberfeld hervorragt wie ein SUV aus den am Straßen-
rand geparkten PKW. Hier ruht Friedrich Julius Stahl, Vorden-
ker eines preußisch-protestantischen Gottesstaates und Con-
sultant der Kamarilla Friedrich Wilhelms IV. Jetzt noch schnell
ein Abstecher zu den Gebrüdern Grimm.