Montag, 11. Februar 2019

Halt gegen das Licht!

 
















In einer Prosaminiatur der Berliner Kindheit beschreibt
Benjamin jene Winterabende, an denen ihn seine Mutter
zum Kaufmann mitnahm. Dann habe sich vor ihm im Gas-
licht ein dunkles, unbekanntes Berlin ausgebreitet. Die
Fassaden waren nicht mehr deutlich zu erkennen, dafür
fiel Licht aus den Fenstern, das jedoch von den erleuch-
teten Zimmern wenig verriet. Denn „es hatte es nur mit
sich selbst zu tun. Es zog mich an und machte mich nach-
denklich. Das tut es in der Erinnerung heute noch.“

Wieder daheim kramte er eine seiner Ansichtskarten her-
vor. „Sie stellte einen Berliner Platz dar. Die Häuser, die
ihn umgaben, waren von zartem Blau, der nächtliche Him-
mel, an dem der Mond stand, von dunklerem. Der Mond
und die sämtlichen Fenster waren in der blauen Karton-
schicht ausgespart. Sie wollten gegen die Lampe gehalten
werden, dann brach ein gelber Schein aus den Wolken und
Fensterreihen. Ich kannte die abgebildete Gegend nicht.
Hallesches Tor stand darunter.“

Ob es sich um die seit 1898 vom Verlag W. Hagelberg ver-
triebene Halt-gegen-das-Licht-Karte „Hallesches Thor u.
Belle-Alliance Platz“ handelt, ist nicht sicher. Die Ver-
teilung von hellem und dunklem Blau, die Schreibung und
Position der Ortsangabe sprechen dagegen. Allerdings wä-
ren das nicht die einzigen Ungenauigkeiten, die sich in der
Berliner Kindheit finden.