Donnerstag, 16. Oktober 2008

Schlucht


Oktober 2001 kam Rainald am Merve-Stand vorbei und ließ
sich mit Heidi Paris und dem Jahrzehnt der schönen Frauen,
seinem apokryphen Heute-Morgen-Annex (5.7) ablichten. Das
ist nun genau sieben Jahre her. Dann ergriff Goetz vier lange
Jahre nicht mehr öffentlich das Wort. Im Oktober 2005 ging
es langsam wieder los. Als Gast der Ö1-Radiosendung Von Tag
zu Tag
sagte er: "Als Schriftmann will ich hier vor allem Fragen
stellen, zum Beispiel: Institutionenkunde, Architektur, Körper
im Raum, physiognomische Betrachtungen... Untersuchungen
am lebenden Objekt, vorwiegend während es spricht... auch
während es zuhört...".

Kurz zuvor war in Cicero die rätselhafte Houellebecq-Rezension
"Das Elend der Liebe" erschienen, die angenehm entmutigend
vor dem "Berliner Kaufhaus Lafayette" ausklingt: "Draußen ist
es inzwischen fast schon dunkel geworden. Der Herbst kommt.
Eine kleine asiatische Frau wird in Handschellen, mit auf den
Rücken gefesselten Händen, von zwei Polizisten über die Straße
zum Streifenwagen geführt. Sie hat ihr Gesicht nach hinten
gedreht, fragend. Der Freie darf sein Rad aufsperren, er setzt
sich darauf und radelt los. So radelte er hin."

Tschüss Büchner! Lenz hat jetzt ein Fahrrad, mit dem er dann
ab Februar 2007 zu VANITY geradelt sein wird, um als Schrift-
mann den Schriftmenschen schreibend beizustehn. Seit Juni
diesen Jahres fehlt uns bekanntlich dieser Beistand. Dafür liegt
klage jetzt als Buch vor. Der Winter ist gerettet. Während sich
das Biedermeier-Feuilleton bei Dresdner Christstollen an Uwe
Tellkamps Turm wärmt,
beugen sich die Schriftmenschen über
die ersten 450 Seiten Schlucht und verzeichnen am Rand die
Varianten aus den von ihnen gespeicherten Posts. Mit etwas
Glück könnte eine kritische Ausgabe von klage vorliegen, ehe
Buch 6 abgeschlossen ist.

DER NEUZEITLICHE MENSCH
steht in der Irre